Fussball: Wie werden wir die Nazis los?

Nr. 16 –

Der Chemnitzer FC ist bekannt für seine rechtsextremen Fans. Seit einigen Jahren wehrt sich der Verein gegen den rechten Flügel, doch die Verbindungen sind eng, die Verletzungen sitzen tief.

Fans des Chemnitzer FC mit einer Fahne auf dem Spielfeld vor dem Heimspiel gegen BSG Chemie Leipzig
Fans des Chemnitzer FC vor dem Heimspiel gegen BSG Chemie Leipzig.

Spieltag im Stadion An der Gellertstrasse in Chemnitz. An diesem 25. Februar ist die BSG Chemie Leipzig zu Gast. Das Spiel ist ein ostdeutscher Fussballklassiker: der DDR-Meister von 1967 gegen jenen von 1951 und 1964. Vom Glanz vergangener Tage ist auf dem Platz wenig zu sehen. Das Duell findet heute in der vierthöchsten Liga statt: Bälle verspringen, Pässe kommen nicht an, der Rasen sieht mitgenommen aus.

Die zahlreich angereisten Fans von Chemie Leipzig gehören zu den wenigen linken Fanszenen in Ostdeutschland. Sie singen lautstark ihre Hymne «Wir sind Leutzscher»*, die Chemnitz-Fans wiederum rufen: «Chemie-Schweine raus» und halten Spruchbänder hoch. Auf dem ersten steht: «Lieber Bier statt Gras und LSD, 5 Spritzen für die Punks von BSG».

Auf einem Werbebanner fällt ein anderer Schriftzug auf: «Respekt, Demokratie und Vielfalt». Die Schlagworte sind Teil des neuen Chemnitzer FC, der kein Naziverein mehr sein möchte.

Wegschauen bis zur Trauerfeier

Schon seit Jahrzehnten ist der Chemnitzer FC (CFC) für seine rechtsextremen Fans bekannt. In den neunziger Jahren waren es die Gruppierung «HooNaRa» (Hooligans, Nazis, Rassisten), später die NS-Boys (NS stand offiziell für «New Society»), die das Aussenbild des Vereins prägten. HooNaRa war in den Neunzigern im Stadion und rund um Chemnitz an verschiedenen Ausschreitungen beteiligt. Mindestens ein Mitglied war auch dabei, als 1999 Rechtsextreme den 17-jährigen Punk Patrick Thürmer zu Tode prügelten. Das Logo der NS-Boys zeigte einen Hitlerjungen aus den dreissiger Jahren. Lange Zeit schauten das Umfeld und die Vereinsführung weg oder kooperierten gar mit den Nazis. Bis zu einer Trauerfeier vor fünf Jahren.

Damals war Thomas Haller, Gründer von HooNaRa, an Krebs verstorben, und der gesamte Verein ehrte ihn wie einen legendären Spieler: Das Bild des Verstorbenen wurde auf der grossen Anzeigetafel gezeigt, der Stadionsprecher forderte zu einer Schweigeminute auf, die Fans in der Kurve zogen eine riesige schwarze Fahne mit einem weissen Kreuz hoch und hielten ein Spruchband – «Ruhe in Frieden, Tommy».

Haller war in Chemnitz nicht nur Hooligan, sondern zeitweise mit seiner Firma auch für die Stadionsicherheit verantwortlich. Der CFC beendete die Zusammenarbeit erst 2007. Da gab Haller dem Fussballmagazin «Rund» unter einem Pseudonym ein Interview, in dem er über die Erfolge von HooNaRa schwadronierte. In den neunziger Jahren habe man ganz Europa gezeigt, dass es Sachsen gebe. Die Hooligans seien aber älter geworden, hätten mittlerweile Familie. «Eigentlich gibt es HooNaRa nicht mehr, andererseits sind wir in einer halben Stunde da», sagte Haller damals, und der CFC suchte sich einen neuen Sicherheitsdienst.

Nach der Trauerfeier für den Hooligan stellten die Sparkasse und weitere Sponsoren ihre Zahlungen ein. Nun reagierte auch der Verein: Die Fanbeauftragte musste ihren Posten genauso räumen wie ein Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung und der Stadionsprecher, der an der Trauerfeier einen Text verlesen hatte.

Unter Marx’ ernstem Blick

Chemnitz ist mit gut 250 000 Einwohner:innen die drittgrösste Stadt im Bundesland Sachsen. In der DDR war es ein wichtiger Standort für Maschinenbau. Ende der achtziger Jahre lebten noch 315 000 Menschen in der Gemeinde, die von 1953 bis 1990 Karl-Marx-Stadt hiess. Umbenannt worden war sie im siebzigsten Todesjahr des Philosophen – der Chemnitz allerdings nie besucht hatte.

Knapp zwanzig Jahre nach dem neuen Namen erhielt Chemnitz 1971 einen rund sieben Meter grossen Marx-Kopf als Denkmal. Der Nischel (sächsisch für Kopf), wie ihn die Einheimischen nennen, schaut ernst und leicht mürrisch in die Stadt.

Seit dreissig Jahren stellt die SPD die Bürgermeister:innen. Bei den letzten Stadtratswahlen 2019 erzielte allerdings die CDU (20 Prozent) die höchsten Stimmenanteile. Die AfD (knapp 18 Prozent) wurde zweitstärkste Kraft, gefolgt von der Linken (knapp 17 Prozent). Die SPD erhielt knapp 12, das Rechtsaussenbündnis Pro Chemnitz fast 8 Prozent der Stimmen.

Fabian Bartel, der eigentlich anders heisst, erfuhr am Tag davor von der geplanten Ehrung. «Ich dachte: Wenn das so durchgezogen wird, kommt es gar nicht gut.» Als er ein Kind war, zogen seine Eltern mit ihm wegen der Arbeit in eine westdeutsche Stadt. Vor einigen Jahren kehrte Bartel zurück nach Sachsen. Für das Studium, vor allem aber für den Chemnitzer FC. Nach der Trauerfeier hätten sich viele aufgeregt, dass der Klub von den Medien wieder als rechtsextremer Haufen dargestellt werde, erzählt Bartel. Also schrieb er in eine Facebook-Gruppe von CFC-Fans, dass er Leute suche, die sich bei einer Aktion gegen Extremismus beim Chemnitzer FC engagieren möchten. Von 6000 Gruppenmitgliedern meldeten sich acht auf den Aufruf. Daraus entstand die Gruppe «CFC-Fans gegen Rassismus».

Eine, die sich meldete, ist Anina Graf. Auch sie heisst eigentlich anders. Graf kam über ihren ehemaligen Freund zum CFC. Ihre Gruppe sei schon damals gegen Rechtsextremismus gewesen und habe auch mal interveniert, wenn sich jemand rassistisch geäussert habe. Oft seien sie aber machtlos gewesen. So auch bei der Trauerfeier. «Plötzlich standen Leute in der Kurve, die ich noch nie gesehen hatte.» Aus Cottbus angereiste Hooligans hätten sich im Block und bei den Ausgängen verteilt. «Wenn man die Trauerfeier hätte boykottieren wollen, hätte man an denen vorbeigehen müssen», sagt Graf.

Es sei wichtig, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit anzusprechen. «Ich bin mir zum Beispiel nicht sicher, ob sich aktuell eine Person mit nicht weisser Hautfarbe ohne Probleme in die Fankurve stellen könnte. Und das darf einfach nicht sein.»

Beim Gespräch in einem Chemnitzer Café fällt Bartel ein Mann mit Glatze auf. «Ein Exhooligan, der ist zwar nicht mehr in der Szene, aber Kontakte hat er wohl immer noch.» Kurz darauf kommen drei Männer in Jacken der Chemnitzer Fankurve, die sich Bier bestellen und immer wieder zu unserem Tisch schauen. «Wenn die jetzt beginnen, Leute anzurufen, würden wir dann gehen», sagt Bartel mit ruhiger Stimme. Nazis seien in Chemnitz einfach präsent, sagt Graf, egal ob beim Feiern, beim Kaffee oder eben im Stadion.

Abgehängt im Dieselzug

2018 machte Chemnitz in ganz Europa Schlagzeilen. Nachdem am Rand des Stadtfests ein Mann erstochen worden war, riefen Rechtsextreme zu Demonstrationen auf, bedrohten und attackierten Migrant:innen, Journalist:innen und Linke. Zur grössten Demonstration kamen rund 6000 Nazis aus ganz Deutschland. Bartel erzählt, auch in seinem damaligen Fanumfeld sei mobilisiert worden. «In unserer Whatsapp-Gruppe wurden Kontakte geteilt, ich hatte Telefonnummern von Neonazi-Kaderleuten aus dem ganzen Land auf dem Handy.»

Warum fühlen sich Rechtsextreme in Chemnitz so wohl? «Hier gibt es einfach wenig Gegenwehr», meint Bartel. «Wenn woanders Rechte durch die Stadt laufen, stellen sich die Leute dagegen. Hier stellen sie sich dazu und sagen: Endlich macht jemand etwas.» Die Chemnitzer:innen hätten oft das Gefühl, von der Politik vergessen worden zu sein.

Chemnitz ist die grösste deutsche Stadt ohne eine Anbindung an den Fernverkehr. Der ICE fährt nur bis Leipzig. Dort muss man auf dem hintersten Gleis in eine dieselbetriebene Regionalbahn umsteigen, Graf nennt sie «Harry-Potter-Zug». Die Strecke zwischen Leipzig und Chemnitz ist noch nicht vollständig elektrifiziert. Das Licht im Waggon geht immer wieder aus. Die Zugtüre muss man von Hand öffnen.

Fans des Chemnitzer FC auf der Tribüne im Stadion
Rechtsextreme Symbole und Kleider sind im Stadion nicht erlaubt. Doch wer nicht weiss sei, könne sich wohl nicht unbehelligt in die Kurve stellen, sagt ein Fan.

Bartel erzählt von seinen Freund:innen aus Westdeutschland, die irgendwann die Häuser ihrer Eltern erben werden. In Ostdeutschland sei das anders. In der DDR habe nun mal niemand Wohneigentum besessen, und später hätten sich die wenigsten eine eigene Wohnung leisten können.

Hanka Kliese hat die Jahre nach der Wiedervereinigung als Kind und Jugendliche miterlebt. Heute ist sie 44 und sitzt für die SPD im sächsischen Landtag. In ihrem Büro in der Nähe des Bahnhofs erzählt sie, wie die Erwachsenen damals vor allem damit beschäftigt waren, sich in der neuen Gesellschaftsordnung zurechtzufinden. Der Chemnitzer Musiker Trettmann habe die damalige Zeit in seinem Lied «Grauer Beton» gut zusammengefasst: «Man hat uns vergessen dort, Anfang der neunziger Jahre». Trettmann ist mittlerweile nach Leipzig gezogen, Kliese lebte nach dem Studium eine Zeit lang in Berlin, ist aber inzwischen nach Chemnitz zurückgekehrt.

Auch heute wollen viele junge Menschen weg: Vor einem Jahr führte die Stadt eine Jugendumfrage durch. Von den Schüler:innen der zwölften Klasse gaben mehr als die Hälfte an, Chemnitz in den nächsten fünf Jahren verlassen zu wollen. Ein Drittel antworteten mit «eventuell». Nur dreizehn Prozent wollten in Chemnitz bleiben. Eurostat, die Statistikbehörde der EU, hat vor drei Jahren das Medianalter verschiedener europäischer Regionen untersucht. Mit 52,1 Jahren ist es in Chemnitz so hoch wie nirgends sonst.

Portraitfoto von Hanka Kliese
Hanka Kliese, Landtagsabgeordnete der SPD

Auch auf der Haupttribüne beim Spiel gegen Chemie Leipzig ist der Altersdurchschnitt eher hoch. Hanka Kliese erzählt, sie sei früher mit ihrer Familie beinahe an jedes Spiel des CFC gegangen: eine «klassische Stadionkindheit». Später spielte sie auch einige Jahre im Frauennachwuchsteam des Vereins, seit der Trauerfeier für Haller war sie nicht mehr im Stadion. Wenn man den Rechtsextremismus gewähren lasse, sei er halt irgendwann so stark, dass er sich nicht mehr verstecke, sagt Kliese. Schon in ihrer Jugend in den neunziger Jahren habe sie manche Quartiere wegen der Nazis gemieden. Immer wieder habe die Stadt weggeschaut. «So entstand eine Generation an Rechtsextremen, die nie Konsequenzen gespürt hat.»

Heute geht sie mit ihrer Tochter zu den Spielen des Basketballteams Niners Chemnitz. Es spielt in der obersten Spielklasse, und das Umfeld sei gerade für Familien angenehmer, sagt Kliese.

Was sie damit meint, bekommt der Fotograf der WOZ bei seiner Arbeit im Chemnitzer Fussballstadion zu spüren – er wird beleidigt und von Kurvengängern fotografiert. Für diesen Artikel will kein Mitglied der CFC-Kurve mit der WOZ sprechen. Mehrere Anfragen bleiben unbeantwortet oder werden abgelehnt.

Hitlergrüsse in Tschechien

Auf dem Spielfeld trifft Chemie Leipzig nach einem Eckball zum 0:1, vier Minuten später gleicht Chemnitz mit einem Elfmeter aus. In der zweiten Halbzeit erzielt der CFC noch ein Tor, das wegen Abseits aberkannt wird, und in der letzten Aktion vor dem Schlusspfiff schiesst ein Chemie-Spieler am leeren Tor vorbei. Die gut 6000 Zuschauer:innen machen sich auf den Heimweg.

Je zahlreicher das Publikum, desto schwerer hätten es die Rechtsextremen, sagt Martin Ziegenhagen am Tag nach dem Spiel. «Wir brauchen sozusagen eine kritische Masse der Guten, die ein starkes Zeichen dagegensetzt, wenn es zu Ausfällen der rechten Seite kommt.» Ziegenhagen ist seit vier Jahren Antirassismusbeauftragter des Chemnitzer FC. Tatsächlich konnte der CFC seine Zuschauer:innenzahlen steigern: Kamen in der letzten Saison durchschnittlich 3351 Zuschauer:innen ins Stadion, sind es in dieser bisher 5136.

Portraitfoto von Martin Ziegenhagen
Martin Ziegenhagen, CFC-­Antirassismusbeauftragter  Foto: Tobias Kleinod

Am Ende seien es vielleicht dreissig oder vierzig Leute, die wirklich organisiert rechtsextrem seien, schätzt Fabian Bartel. «Aber die machen halt Kampfsport und sind bundesweit vernetzt.» Trotzdem habe in den letzten Jahren der Widerstand gegen diese Gruppe innerhalb der Fankurve zugenommen.

Das merkte man zum Beispiel im Juni 2021. In der Pause zwischen den zwei Corona-Saisons absolvierte der CFC ein Testspiel gegen den tschechischen Verein FK Banik Most. Nach dem Spiel tauchte ein Video auf, in dem zu sehen ist, wie ein Teil der mitgereisten Fans in Most den Hitlergruss zeigt und «Sieg Heil» skandiert.

Darauf schrieben die Ultras Chemnitz 99, die wichtigste Ultragruppe des CFC, auf Facebook ein Statement zu den Vorfällen. «Die Spiele des Chemnitzer FC dürfen nie wieder als Bühne für rechtsextreme Äusserungen und andere Scheisshausparolen missbraucht werden», ist darin zu lesen. Und weiter: «Extremismus, Rassismus und Diskriminierung hat in unserem Stadion nichts zu suchen! Jeder, der uns kennt, weiss, dass wir keine politische Gruppe sind. Wir haben immer versucht, Politik aus dem Stadion fernzuhalten. Bei einem Teil der Fans hat dies in den letzten Jahren nicht funktioniert.»

Wenn es zu solchen Vorfällen kommt, berät Ziegenhagen den Verein. Zum Beispiel wenn jemand mit einer Hose einer rechten Szenemarke oder einer Mütze in Schwarz-Weiss-Rot, den Farben der Reichsflagge, ins Stadion gehen wolle. In diesen Fällen interveniert der Sicherheitsdienst: Die Fans müssen diese Kleidungsstücke ausziehen, danach können sie sich das Spiel ansehen.

Es reiche aber nicht, nur auf Vorfälle zu reagieren. Man müsse aktiv sagen, was man sich vorstelle, sagt Ziegenhagen. In mehreren Onlinesitzungen, an denen alle interessierten Fans und Vereinsmitglieder teilnehmen konnten, wurde deshalb ein Leitbild entwickelt. «Jetzt müssen wir zeigen, dass das mehr ist als nur ein Lippenbekenntnis.» Der CFC arbeitet mit dem antirassistischen Fussballfestival Heimspiel zusammen, das in Chemnitz stattfindet, schult die Mitarbeitenden im Nachwuchsbereich und auf der Geschäftsstelle und besucht Schulen. Dieses Jahr hat der Verein zudem zum ersten Mal am internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus teilgenommen. Und das Spiel gegen den VSG Altglienicke machte der CFC zum «Inklusionsspieltag» mit Fokus auf Autismus.

Martin Ziegenhagen wohnt in Berlin, das Gespräch mit ihm findet am Telefon statt. Es sei spannend, bei einer Verbesserung mithelfen zu können. «Das Ziel ist es, eine Struktur zu schaffen, die unabhängig von einzelnen Personen funktioniert.» Er wolle sich nicht aufdrängen und als «Besserwessi» den Leuten die Welt erklären. «Als ich damals zum CFC kam, hatte sich niemand aus Chemnitz für die Aufgabe gemeldet.» Das liegt vielleicht auch am fehlenden Budget: Bezahlen kann der Chemnitzer FC seinen Antirassismusbeauftragten nicht.

Kleine Finanzen, grosse Hoffnung

Das Geld ist beim CFC schon länger ein Problem. Vor knapp sechs Jahren musste der Verein zum ersten Mal Insolvenz anmelden. Man hatte sich überschätzt und auf einen Aufstieg von der dritten in die zweite Liga gehofft. Stattdessen folgte der Abstieg in die Regionalliga.

Nachdem das Insolvenzverfahren 2021 hatte abgeschlossen werden können, folgten letzten Sommer die nächsten Schlagzeilen: Dem Klub fehlten 600 000 Euro. Der Vorstand trat zurück, der Verein musste sich neu organisieren.

Das sei auch im Engagement gegen Rechtsextremismus ein Problem, meint Fan Fabian Bartel. «Kaum hatte jemand richtig mit der Arbeit begonnen, kam bereits der nächste Wechsel. Das schadet auch der Glaubwürdigkeit.»

Erschwert wird die Arbeit des CFC durch Entwicklungen in der rechten Szene. Weil sie zu Hause immer mehr Gegenwind erlebten, zogen viele Dortmunder Neonazis nach Chemnitz und tauchten an CFC-Spielen auf. «Die sind hier aber relativ schnell aufgefallen und haben dann Hausverbote bekommen», sagt Ziegenhagen.

2025 wird Chemnitz europäische Kulturhauptstadt. Damit steigen die Fördermittel, die der Stadt zur Verfügung stehen. Die «CFC-Fans gegen Rassismus» haben ein integratives Fussballturnier mitorganisiert, das ohne diese Förderung gar nicht hätte stattfinden können. Der Titel der Kulturhauptstadt könnte helfen, dass Chemnitz nicht nur wegen der Nazis in den Medien präsent ist. Den Rechtsextremismus aus dem CFC zu drängen und in ganz Chemnitz zu schwächen, sei aber ein Projekt, für das man Jahre, wenn nicht Jahrzehnte brauche, sagt Anina Graf.

Der Antirassismusbeauftragte Ziegenhagen ist überzeugt, dass der CFC auf dem richtigen Weg ist. «Überall, wo der Rechtsextremismus Gegenwehr bekommt, geht er letztlich zurück.» Gefragt nach seiner Einschätzung der aktuellen Situation, meint Ziegenhagen: «Wenn 1 die Trauerfeier war und 10 ein Verein ist, in dem Vielfalt und Demokratie überall gelebt werden, würde ich uns eine 5 geben.» Hanka Kliese sieht es ähnlich: «Sagen wir 4 bis 5. Es gibt noch viel zu tun.»

* Korrigenda vom 22. April 2024: In der Printversion sowie in der alten Onlineversion steht fälschlicherweise, im Lied werde das Wort «Faschisten» gesungen. Dieser Begriff in besagtem Lied nicht vor. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.