Eine stabile Zukunft für den Unionsverlag

Es wirkt wie das Ende einer Ära: Gestern teilte der Unionsverlag mit, dass er künftig unter dem Dach der Münchener Verlagsgruppe C. H. Beck arbeiten werde. Der in Zürich ansässige Verlag wurde 1975 an einem Küchentisch gegründet. Das Startkapital betrug 2000 Franken, das erste herausgegebene Buch war Lisel Bruggmanns «Ich wünsche euch des Weltenalls Erbeben», diese «Gedichte und Erzählungen aus dem Kampf der Schweizer Arbeiterklasse» wurden noch mit Leim, Pinsel und Schere gelayoutet. Seither hat der Unionsverlag über 700 Werke von gut 600 Autor:innen aus rund siebzig Ländern publiziert. Er war von Anfang an international orientiert, mit einem Schwerpunkt auf Literatur aus afrikanischen Ländern, Lateinamerika und Asien. Mit dem chinesischen Autor Mo Yan und dem Ägypter Nagib Machfus hat der Verlag gleich zwei Nobelpreisträger im Programm.

Doch nun hat das deutsche Familienunternehmen C. H. Beck das Aktienkapital des Unionsverlags rückwirkend per 1. Januar übernommen. «Es war uns wichtig, die Weichen für eine stabile Zukunft zu stellen angesichts der vielen Herausforderungen unserer sich wandelnden Branche», schreibt Lucien Leitess, Leiter des Unionsverlags, der den Betrieb vor 48 Jahren mitbegründet hat, in einer Infomail.

Als grösste Herausforderung nennt Leitess auf Nachfrage die Abschaffung der Buchpreisbindung 2007, die dazu führte, dass mittlerweile die Hälfte der in der deutschsprachigen Schweiz verkauften Bücher direkt in Deutschland bezogen werden. Der zweite Punkt sei der Wertverlust des Euro gegenüber dem Franken: «Dieser reisst Löcher in die Bilanz. Alle Verlage unserer Grössenordnung müssen sich anpassen, Kooperationen und Zusammenschlüsse sind nötig.» Dazu haben sich auch andere Verlage entschieden: So hat der 2018 gegründete Kampa Verlag in den letzten Jahren Schöffling & Co., Jung und Jung sowie den Atlantis Verlag übernommen.

Leitess betont, dass er mit der gefundenen Lösung sehr glücklich sei. Der Verlag soll innerhalb der Gruppenstruktur eigenständig bleiben und seinen eigenen Geist behalten. Leitess selber wird bis Ende 2024 den Übergang begleiten oder bleiben, «solange ich nützlich bin».

«Alles, was vor uns liegt, atmet Frische und Freiheit, ein Riesenspass wartet auf uns.» Dieses Zitat steht auf dem Titel des aktuellen Verlagsprogramms des Unionsverlags. Es stammt aus dem im Herbst erscheinenden Roman «Zwei Wochen am Meer» von R. C. Sherriff.

Es ist dem Verlag zu wünschen, dass das auch auf ihn zutrifft.