UBS-Rettung: Im Dienst der Grossbanken

Nr. 32 –

Es blieb still im Land, als UBS-Chef Sergio Ermotti letzte Woche verkündete, seine Bank wolle den Rest der einst faulen Papiere zurück, die ihr der Bund im Oktober 2008 für unglaubliche 39 Milliarden US-Dollar abgenommen hatte, um sie vor dem Kollaps zu bewahren. Als wäre die Meldung der letzte Satz in einem Drama, bevor man es weglegt. Doch das ist sie kaum.

Mit der UBS-Rettung wurde die Demokratie ausser Kraft gesetzt. Der Bundesrat war faktisch zu diesem Schritt gezwungen; der Entscheid fiel per Notrecht am Parlament vorbei. Die Grossbank hatte sich auf dem US-Immobilienmarkt verspekuliert, nun sass sie auf einem Berg von Ramschpapieren. Die UBS drohte zu kollabieren – und mit ihr die Schweizer Volkswirtschaft. Die demokratische Sünde lag nicht in der Rettung, sondern darin, dass das Land von einer Bank abhängig geworden war.

Und in dem, was dann folgte.

Mit der Übernahme der Papiere verwandelte sich die Schweiz in einen gigantischen Hedgefonds. Der Bund stellte eine Gesellschaft auf die Beine, die der UBS Papiere abnahm, die niemand mehr wollte – und deren Marktwert entsprechend gegen null tendierte. Der Fonds kaufte die Papiere durch einen Kredit der Nationalbank (SNB) in Höhe von rund 35 Milliarden US-Dollar. Zudem schoss die UBS 3,9 Milliarden Dollar Eigenkapital ein – dazu stellte der Bund der UBS 6 Milliarden Franken als Wandelanleihe bereit. Schliesslich wurde der Fonds für einen symbolischen Dollar der SNB übertragen: Die UBS schrieb die 3,9 Milliarden ab, im Gegenzug erhielt sie eine Option, um den Fonds dereinst wieder zurückzuholen.

Der Deal hat sich für den Bund ausbezahlt. Der Verkauf der Wandelanleihe 2009 brachte 1,2 Milliarden Franken ein. Und auch die übernommenen Papiere entpuppten sich als höchst lukrativ: War ein Kreditnehmer insolvent, übernahm der Fonds die hinterlegten Sicherheiten – Luxusapartments, Häuser, Hotels. Als sich der US-Immobilienmarkt 2010 erholte, tauchten erneut Käufer auf, wodurch der Wert der Aktiven stieg. Die Immobilien und ein Teil der Kredite wurden verkauft, ein anderer Teil wurde von den Gläubigern beglichen.

Mit den Einnahmen hat der Fonds der SNB das Darlehen samt Zinsen zurückbezahlt. Nun, da diese Rückgabe beinahe vollzogen ist, soll die UBS den Fonds also zurückerhalten. Unentgeltlich. Heute ist der Fonds gut 5,5 Milliarden Dollar wert. Davon muss die UBS nur rund 3,2 Milliarden an die SNB abliefern. Fazit: Die UBS konnte 2008 einem Fonds Papiere für 39 Milliarden Dollar verkaufen, die am Markt damals wertlos waren. Dazu musste sie gerade mal 3,9 Milliarden Dollar abschreiben, das Hauptrisiko übernahm die SNB. Und nun, da das Geschäft gut läuft, darf die UBS über zwei Milliarden Dollar einstecken.

Man fragt sich, ob der Bundesrat sich im Dienst der Schweizer Bevölkerung sieht oder in jenem der UBS.

Die Konsequenzen der Rettung sind für die UBS minim. Der Bundesrat weigerte sich 2008, Einsitz in die UBS zu nehmen. Und seither hat er sich zusammen mit den Bürgerlichen gesträubt, die Grossbanken zu ausreichend Eigenkapital zu zwingen. Neue Richtlinien schreiben höhere Eigenkapitalquoten für riskante Papiere vor. Doch die Berechnung der Risiken bezeichnen selbst FinanzspezialistInnen als Kaffeesatzlesen. Der Ökonom Martin Hellwig, Autor einer als Bibel der Bankenregulierung gefeierten Neupublikation, forderte 2011 in der WOZ nacktes Eigenkapital von 20 Prozent. Bei UBS und Credit Suisse liegt dieses bei 2,6 beziehungsweise 2,5 Prozent.

In der Krise 2008 verlor die UBS 2,3 Prozent des Gesamtkapitals. Trotz staatlicher Rettung.

Die jetzige weltwirtschaftliche Grosswetterlage gleicht der Ruhe vor dem Sturm. Die Erholung der Immobilienmärkte und die Hausse an den Börsen werden vom billigen Geld befeuert, das die Zentralbanken seit 2008 den Banken nachwerfen. Neue Kartenhäuser türmen sich auf. Das eigentliche Fundament jedes Börsenkurses sind letztendlich Menschen, die genug im Sack haben, um am Ende die Konsumartikel zu kaufen. Insbesondere Europa steckt jedoch weiterhin in der Misere.

Irgendwann werden die Börsen auf den Boden finden. Davor werden auch die UBS und die Credit Suisse nicht verschont bleiben. Noch ist der letzte Satz nicht gelesen.