Elektronische Auszählung: Scanner als Stimmenzähler in Bern

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Wenn am kommenden Sonntag in der Stadt Bern die Stimmzettel ausgezählt werden, übernehmen das nicht wie bisher 200 bis 300 aufgebotene BürgerInnen, sondern zwei Scanner. Der Wechsel zum digitalen Zählsystem hat auch Folgen für die Stimmabgabe, die weiterhin per Post oder an der Urne erfolgt: Die stimmberechtigten StadtbernerInnen müssen künftig nur noch einen Stimmzettel pro Urnengang ausfüllen, auf dem jeweils sämtliche Vorlagen – also von Bund, Kanton und Stadt – aufgeführt sind.

Die Berner Stadtkanzlei, für Abstimmungen und Wahlen verantwortlich, will durch den Systemwechsel den organisatorischen und logistischen Aufwand verringern. Es sei einerseits zusehends schwieriger geworden, genügend StimmenzählerInnen aufzubieten. Anderseits erhoffe man sich vom neuen Zählsystem mehr Präzision gegenüber dem Sortieren der Ja- und Nein-Stimmen per Hand. Auch die Kosten sollen über den geringeren personellen Aufwand sinken – neu braucht es noch achtzig BürgerInnen, denn die Couverts müssen weiterhin von Hand geöffnet werden. Die Investitionskosten von 100 000 Franken an die Firma Kaiser Data AG aus Wollerau sollten so rasch amortisiert sein.

Der Systemwechsel ist in Bern weitgehend unbeachtet geblieben. Im Mai hatte sich die Stadtregierung für die elektronische Auszählung ausgesprochen, Anfang Dezember bewilligte die Bundeskanzlei das Vorhaben. Einen Tag vor Heiligabend informierte die Stadtkanzlei die Öffentlichkeit. Eine politische Debatte über den Systemwechsel hat nicht stattgefunden.

Dabei gibt es recht gewichtige Gründe für eine solche Debatte, denn die Risiken der elektronischen Stimmenauszählung sind keineswegs unerheblich. Ein gewisser Niklaus Ragaz warnte letztes Jahr in einem NZZ-Gastkommentar: «Leider weisen sehr viele Computersysteme Schwachstellen auf, welche es Hackern erlauben, ins System einzudringen und dann Abstimmungsresultate zu manipulieren.» Ragaz war jahrelang Vorsteher des Amts für Informatik des Kantons Bern. Die Stadtkanzlei hat das Thema Cyberkriminalität nicht mit einer Silbe erwähnt.