Kommentar: Journalismus gefährdet die freie Meinung!

Nr. 27 –

Es klingt wie ein schlechter Scherz, aber die Erklärung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) ist ernst gemeint: Kritische Berichterstattung gefährde die freie Meinungs- und Willensbildung der Bundesbehörde in Bern.

Kürzlich berichtete die WOZ über den Export von sogenannten IMSI-Catchern ins Ausland (siehe WOZ Nr. 25/2014 ). Das Seco gab auf Anfrage bekannt, dass es seit 2012 insgesamt 34 Bewilligungen für die Ausfuhr der umstrittenen Überwachungstechnologie erteilt hatte, mit der sich MobilfunknetzteilnehmerInnen identifizieren lassen. Die Behörde verschweigt allerdings, in welche Länder die IMSI-Catcher geliefert wurden. Insbesondere will sie keine Auskunft darüber erteilen, ob die Schweiz auch IMSI-Catcher an das Rapid Action Battalion in Bangladesch geliefert hat, eine Sonderpolizei, der zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgehalten werden. Von der britischen NGO Privacy International veröffentlichte Dokumente hatten diese Vermutung nahegelegt. Aber das Seco macht zu einzelnen Ausfuhrgesuchen keine Angaben.

Die WOZ bat deshalb, gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz, um Einsicht in «sämtliche Berichte», die im Zusammenhang mit einem allfälligen Exportgesuch nach Bangladesch erstellt wurden.

Mittlerweile hat das Seco das Gesuch der WOZ geprüft – und mit mehreren Begründungen abgelehnt. Es verweist auf «Geschäftsgeheimnisse», auf die mögliche Belastung der «Beziehungen der Schweiz mit dem Empfängerstaat», die Gefährdung der «zielkonformen Entscheidfindung». Erstaunlich ist vor allem ein Ablehnungsgrund: «Würden Details zu konkreten Ausfuhrgesuchen bekannt gegeben, könnte dies Druck seitens der Öffentlichkeit auf den Entscheidungsprozess erzeugen und die freie Meinungs- und Willensbildung beeinträchtigen.»

Diese Begründung macht das Öffentlichkeitsprinzip zur Farce, jede kritische Auseinandersetzung mit der umstrittenen Ausfuhrpraxis des Seco wird damit praktisch ausgeschlossen. Vielleicht braucht es demnächst auf jeder Zeitung einen Warnhinweis: Journalismus gefährdet die freie Meinung.