Grüne Partei: Nach links oder nach rechts?

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Nach der Niederlage im Herbst müssen sich die Grünen neu positionieren. In Bern fällt bald ein wichtiger Entscheid.

In der Stadt Bern existieren nicht weniger als drei Ableger der Grünen Partei. Das dezidiert linke Grüne Bündnis (GB) und die Grüne Freie Liste (GFL), die am rechten Rand der Partei steht, erreichten bei den letzten Wahlen im November 2012 je etwa zehn Prozent der Stimmen. Hinzu kommen die Grün-Alternativen (zwei Stimmenprozente), die im Unterschied zum GB und zur GFL eine Regierungsbeteiligung ablehnen.

Diese Konstellation hat in der Vergangenheit – besonders zwischen den beiden grossen Gruppierungen – immer wieder zu Uneinigkeiten, teils sogar zu öffentlich ausgetragenen Konflikten geführt; etwa beim Thema Kindertagesstätten. Während sich das GB 2011 für die Subventionierung von staatlichen Kitas einsetzte, unterstützte die GFL den an der Urne siegreichen Systemwechsel zu Betreuungsgutscheinen für die Eltern, der vor allem den privaten Kitas zugutekommt.

Angriff auf Stadtpräsidium

Kurzum: Zwei unterschiedlichere Sektionen innerhalb der Grünen Partei gibt es kaum. Doch ausgerechnet das Grüne Bündnis und die Grüne Freie Liste stimmen in den nächsten zwei Wochen über eine engere Zusammenarbeit und sogar einen möglichen Zusammenschluss ab, wie die «Weltwoche» vergangene Woche vermeldete. Hinter der Fusionsabsicht stecke vor allem ein Angriff auf das Berner Stadtpräsidium, das zurzeit die SP besetzt, hiess es im entsprechenden Artikel. Für die städtischen Wahlen im kommenden Herbst sollen GB und GFL eine gemeinsame Kandidatur für das Stadtpräsidium lancieren.

Der Angriff auf das Berner Stadtpräsidium ist allerdings nur ein Nebenschauplatz. Nach der nationalen Wahlniederlage im letzten Herbst muss sich die Grüne Partei politisch neu ausrichten, wobei ihr zwei Optionen offenstehen: den Anschluss an die Mitte suchen oder weiter nach links rücken. Der mögliche Zusammenschluss von GB und GFL steht vor allem im Zeichen dieses Richtungsentscheids.

Als treibende Kräfte der möglichen Fusion gelten Stéphanie Penher (Stadtparlament und Sektionspräsidentin) und Blaise Kropf (Kantonsparlament) aufseiten des Grünen Bündnisses sowie Daniel Klauser (Stadtparlament) und der einstige Nationalrat Alec von Graffenried bei der Grünen Freien Liste. Es ist klar, dass eine engere Zusammenarbeit beziehungsweise ein Zusammenschluss der beiden Sektionen ein Schritt zur politischen Mitte hin wäre.

Gegen diesen Schritt ist besonders innerhalb des Grünen Bündnisses Kritik laut geworden. Eine prominent besetzte Gruppe um die ehemalige Nationalrätin Aline Trede lehnt die im Raum stehende Fusion klar ab, wie aus einem publik gewordenen Positionspapier hervorgeht. Für diese Gruppe steht fest, dass das GB nicht eingemittet gehört, sondern sein linkes Profil schärfen muss.

Am Mittwoch, dem 20. Januar, wird das GB an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung über die Zusammenarbeitsvereinbarung mit der GFL abstimmen. Das Ergebnis ist offen. Es wird auf jeden Fall Signalwirkung für die gesamte Partei haben.

Druck von unten

«Auf die Strasse für eine andere Schweiz» lautete der Titel der Grundsatzrede, die Parteipräsidentin und Nationalrätin Regula Rytz an der Delegiertenversammlung vom 7. November 2015 kurz nach der Wahlniederlage der Grünen hielt. Sie sagte damals: «Unser Aktionsfeld wird sich in den nächsten vier Jahren vermehrt auf die Strasse verlagern, zur Zivilgesellschaft und zu den Instrumenten der direkten Demokratie. Nur mit viel Druck von unten werden wir in Bundesbern etwas bewegen können.»

Es wird Zeit, dass sich die Grünen für einen Weg entscheiden. Kräfte bündeln in Richtung Mitte und gleichzeitig Druck von unten aufbauen – das wird nicht funktionieren.