Im Affekt: Das Dadahaus an der Falkenstrasse

Nr. 34 –

Feuilleton ist, wenn einer mal eben den Imperativ «Seid kreativ!» auseinandernimmt, unter Aufbietung seiner klassischen Bildung zwar, aber nicht etwa auf der grossen Bühne eines raumgreifenden Essays, sondern knapp und diskret in einer Randspalte – wie jüngst in der NZZ.

Bloss, was hilfts, wenn der eigene Chefredaktor sich als selbigem Imperativ besonders hörig erweist? Jedenfalls zeugte es von einiger Kreativität, wie Eric Gujer gegenüber Radio SRF 2 zu erklären versuchte, wieso die NZZ im Feuilleton ihre Zweigstellen in Berlin, New York und Paris schliesst. Den drei langjährigen KulturkorrespondentInnen Joachim Güntner, Andrea Köhler und Marc Zitzmann wurde offenbar per Ende Oktober gekündigt, aber Gujer zeigt sich im Interview äusserst kreativ in der rhetorischen Umdeutung dieses Einschnitts: «Von einem Abbau kann überhaupt nicht die Rede sein, es ist ein Ausbau.» Entlassungen als Investition in den Journalismus verkaufen? Da liegt der Verdacht nahe, Eric Gujer habe bei der Konkurrenz von Tamedia einen Kurs in Unternehmenskommunikation absolviert.

Aber so richtig gut aufgepasst hat er offenbar nicht dabei, sonst wüsste er: Nachtreten ist schlechter Stil. Auf die Frage, ob er denn glaube, die drei abgesetzten Koryphäen ersetzen zu können, sagt Gujer: «Wir haben zum Beispiel auch Martin Meyer infolge seiner Pensionierung verloren, eine wirkliche Koryphäe.» Aha, eine wirkliche Koryphäe. Die drei Entlassenen folglich: nicht wirklich Koryphäen. Oder wie FAZ-Redaktor Patrick Bahners auf Twitter kommentierte: «Drei Entlassungen machen so wenig einen Unterschied wie eine Pensionierung. Krass.»

Bliebe noch die semidadaistische Frage zu klären: Wann ist ein Abbau ein Ausbau? Zum Beispiel dann, wenn Kulturjournalismus zum Jekami wird. Gujer: «Ich mache keine Unterscheidung zwischen Polit- und anderen Journalisten.» Das ist mal eine Ansage für die Tageszeitung, die immer so viel auf ihre Dossierkompetenz hielt. Der Chefredaktor berichtet neuerdings vom Tanzfestival, die Filmkritikerin kommentiert die europäische Währungspolitik: Das wird sicher sehr kreativ.

Die WOZ hat natürlich gut reden: Ohne Chefredaktor gibts auch einen Chef weniger, der Unfug reden kann.