«Zahorí»: Fremd im weiten Land

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Schade um die fangfrischen Forellen: Mora (Lara Tortosa) hat sie von einem Hirten geschenkt bekommen, aber zu Hause landen die Fische dann leider nicht auf dem Feuer. Die Mutter, gespielt von Sabine Timoteo, ist kategorisch: «Wir essen keine Tiere!» So vergräbt das Mädchen die Forellen halt hinterm Haus in der Erde.

Moras Eltern sind aus dem Tessin in die Steppe von Patagonien gezogen, um ihren Traum von der Selbstversorgung zu leben, fernab der Zivilisation. Wenn Vater und Mutter neue Lebensformen erproben, was bedeutet das für die Kinder? Welchen Preis zahlen sie für die Freiheit, die ihre Eltern suchen? Diese Fragen lässt Marí Alessandrini in ihrem ersten Spielfilm «Zahorí» im Hintergrund schwelen. Aufgewachsen im argentinischen Bariloche am Fuss der Anden, zog sie jahrelang als Zirkusartistin um die Welt, bevor sie in Genf die Filmschule absolvierte.

Thematisch erinnert Alessandrinis Erstling an den ähnlich gelagerten Film «Tarde para morir joven» (2018) von Dominga Sotomayor. Dort ging es um die Kinder einer Hippiekommune in Chile, die vor der Diktatur aufs Land geflohen ist. In «Zahorí» nun, von Sotomayor mitproduziert, steht nicht die Gemeinschaft im Vordergrund, sondern die Landschaft, in der Mora heimisch wird. Fremd fühlt sie sich eher in der Schule, wo sie von den Mapuche-Buben als Ausländerkind gehänselt wird. Dabei ist die Teenagerin manchen Menschen hier viel näher, als es ihre Eltern mit ihren fixen Ideen sind. Etwa dem alten Mapuche Nazareno mit seinem Pferd, das dem Film seinen Titel gibt. Zu gerne wäre Mora wie er: ein Gaucho.

Nicht ganz alles überzeugt an diesem Debüt – die Schauspielführung ist manchmal etwas ungelenk, eine musikalische Traumszene wirkt wie aus einem anderen Film. Aber nicht zuletzt dank der Kamera von Joakim Chardonnens, der der grandiosen Landschaft immer neue Facetten abgewinnt, fügt sich «Zahorí» zu einem intimen Neowestern, in dem auch Mora zusehends wie ein Kind dieser Landschaft erscheint: etwas verloren in der Weite, aber doch aufgehoben, daheim.

In: Solothurn Canva, Sa, 22. Januar 2022, 17.45 Uhr, und Konzertsaal, Di, 25. Januar 2022, 17 Uhr. Ab Frühling 2022 im Kino.

Zahorí. Regie: Marí Alessandrini. Schweiz/Argentinien/Chile/Frankreich 2021