Ein Wandbild für die Öffentlichkeit

Der Name ist im Grunde irreführend – und natürlich eine Provokation: «Das Wandbild muss weg!». So nennt sich der Verein, der die soeben eröffnete Ausstellung im Bernischen Historischen Museum kuratiert hat.

Die Ausstellung ist die Folge einer Debatte über Rassismus und das koloniale Erbe der Stadt, die sich vor fünf Jahren entzündet hat: Ein Artikel im «Bund» machte auf ein Wandbild mit rassistischen Darstellungen in einem Quartierschulhaus aufmerksam. Das von den Berner Künstlern Eugen Jordi und Emil Zbinden 1949 gestaltete, illustrierte Alphabet bildet alle Buchstaben mit einem Tierbild oder einem Artefakt ab – nur bei N, I und C sind Gesichter von Menschen zu sehen, die stereotyp dargestellt sind. Siebzig Jahre hing das Bild im Schulhaus – auch wenn es, wie in der Ausstellung zu erfahren ist, bereits in den achtziger Jahren bei einigen Lehrer:innen Unbehagen auslöste. In den nuller Jahren überdeckte die Schule das N-Bild mit einem Nashorn.

Nach dem «Bund»-Artikel 2019 ging es plötzlich schnell – angetrieben auch durch die «Black Lives Matter»-Bewegung: Die Stadt schrieb einen Wettbewerb aus, wie mit dem Wandbild umzugehen sei. Das Siegerprojekt war «Das Wandbild muss weg!». Es wollte das Wandbild aus der Schule entfernen, aber nicht aus der Öffentlichkeit: Es sollte ins Historische Museum überführt werden. Nach vielen Diskussionen, öffentlichen Widerständen, einer grossen Anzahl von Medienberichten und einer Aktion, bei der Unbekannte die drei Bilder mit schwarzer Farbe übermalten, ist dies nun vollbracht.

In der auf zwei Räume aufgeteilten und sehr textlastigen Ausstellung können diese Geschichten rund um das Wandbild und um den Prozess der Entstehung der Ausstellung aus unterschiedlichsten Perspektiven nachgelesen werden. Dazu gibt es Hörstationen mit Testimonials unter anderem von Schüler:innen und Lehrer:innen sowie Filme von während des Prozesses geführten Diskussionen von Aktivist:innen. Eingebettet wird das Ganze in einen historischen Kontext rund um Rassismus in der Schweiz und in Bern.

Im hinteren Raum schliesslich ist es dann zu sehen: das Wandbild, die einzelnen Buchstaben gleich arrangiert, wie sie es im Schulhaus waren. Es ist nicht weg, sondern endlich angekommen, wo es hingehört: kontextualisiert in einem öffentlich zugänglichen Raum. Und all die Debatten rund um Rassismus, die dieser Prozess sowohl in der Öffentlichkeit wie auch innerhalb städtischer Institutionen ausgelöst hat, zeigen: Es ist ein guter Anfang.

Die Ausstellung «Widerstände. Vom Umgang mit Rassismus in Bern» im Bernischen Historischen Museum ist bis zum 1. Juni 2025 zu sehen.

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Kommentare

Kommentar von bernhard

Do., 25.04.2024 - 22:23

Merci!