Wichtig zu wissen: Landleiden

Nr. 19 –

Susi Stühlinger über eine bedrohliche Initiative

Die Maisonne schien lieblich auf die saftige Fluh, und dahinter erhob sich mächtig die Wand des Wildstrubels, und wenn einer in Bern oben das Wort «Heimat» verkörperte, dann wohl er, Hansruedi Wandfluh, Nationalrat der SVP, Sektion Berner Oberland. Als Präsident der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) war er schon länger über das Unheil im Bilde, das seiner schönen Heimat im Oberland und dem Land überhaupt, den Fluhen und Wänden und Weiden, in der Schweiz drohte.

Die Linke hatte, nach der verheerenden Zweitwohnungsinitiative, erneut zum Angriff auf die ländlichen Gebiete geblasen. Schon wieder hatte sie eine Initiative lanciert, die die Entvölkerung seines heimatlichen Landstrichs bezweckte, diesmal zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung, die insbesondere den ruralen Raum knebelhart treffen würde.

Denn die pauschal besteuerten Einwohner von Gstaad und anderswo auf dem Lande trugen weit mehr zur Prosperität der ländlichen Kantone bei, als es der geografisch-topografische Lastenausgleich aus Bundesbern jemals tun könnte. Es war nicht fair, dass man den strukturschwachen Regionen nun auch noch die wenigen glamourösen Glanzlichter wegnehmen wollte, die allein mit ihrer Anwesenheit so viel für Kultur, Sport und Tourismus taten. Etwa der alte Haudegen Bernie Ecclestone, der mit dem Bestechungsprozess in München schon genug am Hals hatte. Und den Reedereiunternehmern Peter Livanos und Theodore Angelopoulos war nun wirklich nicht zuzumuten, dass sie vom sicheren gebirgigen Binnenland zurückkehren mussten an die Gestade ihrer griechischen Heimat, die weiter in den Folgen der Schuldenkrise versoff.

Die Linken redeten wieder von Gerechtigkeit, dabei bewirtschafteten sie bloss ihr politisch eindimensionales Neidprogramm. Was hiess da Steuergeschenke? Die Leute zahlten schliesslich auch, vier Millionen Franken bei 180 Pauschalbesteuerten, das waren immerhin über 20 000 Franken Gemeindesteuer pro Person – sollte sich erst mal ein Linker finden, der so viel bezahlte!

Die Linken hatten dann auch wieder insistiert, dass die Pauschalbesteuerung nicht verfassungskonform sei, weil sie das Gebot der gleichmässigen Besteuerung verletze. Da nahmen sie es dann plötzlich wieder genau mit der Verfassung, während sie bei der Ausschaffungsinitiative alles versuchten, um die wortgetreue Anwendung der Verfassung zu verhindern! Nun, das Begehren würde im Parlament trotz aller Verfassungswidrigkeit scheitern, und das war auch recht so.

Dann musste er, Hansruedi Wandfluh, nur noch seinem Stimmvolk, das in der Regel zuverlässig gegen Ausländer stimmte, erklären, warum es diesmal für die Ausländer stimmen sollte. Aber eigentlich war das ja auch nachvollziehbar und absolut gerecht: Wenn man die schlechten Ausländer mit der Ausschaffung bestrafte, durfte man die guten doch auch ein bisschen belohnen – und den Linken so auch grad noch beweisen, dass die SVP alles andere als fremdenfeindlich ist.

Susi Stühlinger lebt in Schaffhausen, wo 
die Pauschalbesteuerung bereits abgeschafft wurde.