Kommentar zur Inflation: Zinserhöhungen oder Checks?

Nr. 23 –

Die Inflation steigt weiter, das Ideenkarussell dreht sich schneller. Die folgenden Vorschläge schaffen Abhilfe.

Was tun gegen die Inflation, die auch hierzulande im Mai auf 2,9 Prozent geklettert ist? Die Zinsen erhöhen, wie das einzelne Firmenvertreter fordern? Checks verteilen, wie die SP das will, falls die Preise weiter steigen? Die Steuern auf Benzin senken, wie die SVP es möchte? Oder eine Kriegsgewinnsteuer, wie die Grünen vorschlagen? Mit anziehender Inflation dreht sich auch in der Schweiz das Ideenkarussell schneller.

Wie Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, ist die Inflation der Schweiz importiert. Die Preise der Inlandgüter sind um gerade einmal 1,5 Prozent gestiegen. Teurer geworden sind vor allem die importierten Güter – und zwar um 7,4 Prozent. Schuld sind jedoch nicht irgendwelche Güter, sondern vor allem importierte Energie und Treibstoffe, die um satte 25 Prozent teurer geworden sind. Ohne sie läge die Inflation bei knapp 1,7 Prozent, also unterhalb von 2 Prozent, dem Ziel der Nationalbank.

Aktuell wäre eine Zinserhöhung daher die falsche Antwort. Eine solche wäre berechtigt, wenn die Inflation die Folge einer überhitzten inländischen Wirtschaft wäre, wenn die wirtschaftliche Nachfrage von Firmen und Haushalten also so gross wäre, dass das Angebot nicht mehr mitkommt und lediglich die Preise in die Höhe treibt. In diesem Fall würde eine Zinserhöhung zu weniger Krediten und damit zu weniger Nachfrage und Inflation führen.

Gegen höhere Preise von importierter Energie nützen höhere Zinsen jedoch kaum. Zwar könnten sie zu einer Frankenaufwertung führen, womit importierte Energie billiger würde. Steigt der Franken jedoch noch stärker als in den letzten Monaten, brächte das die Exportwirtschaft in Nöte.

Die US-Zentralbank hat die Zinsen zwar ihrerseits erhöht. Anders als in Europa gibt es in den USA aber durchaus Anzeichen, dass die Inflation teilweise durch die Nachfrage verursacht wird: In der Pandemie hat der Staat unter anderem mit Zuschüssen an die Haushalte die Nachfrage gestützt. Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat sich ihrerseits mit dem Verweis auf die energiegetriebene Inflation mit Ankündigungen für Zinserhöhungen eher zurückgehalten.

Die EZB wird im Herbst wohl die Zinsen erhöhen. Nicht weil die Nachfrage zu schnell steigt – die Wirtschaft soll absichtlich in eine Krise gelenkt werden, um die Nachfrage nach Energie zu senken. Das könnte auch die Schweiz tun; allerdings ist sie zu klein, um grossen Einfluss auf die globalen Energiepreise zu haben.

Einen Beitrag gegen die globale Inflation sollte die Schweiz vielmehr mit einem Ausbau der erneuerbaren Energien leisten. Die fossilen muss sie ohnehin ersetzen, um beim CO₂-Ausstoss das Netto-null-Ziel zu erreichen. Zugleich kann sie mit der Sanierung von Immobilien die Nachfrage nach fossiler Energie senken. So würde die Inflation helfen, den Ausstieg zu beschleunigen. Eine Benzinpreissenkung wäre in dieser Hinsicht kontraproduktiv.

Wichtig ist aber, für eine gerechtere Verteilung der Lasten zu sorgen. Wie vor allem die Grünen erstmals in der WOZ gefordert haben, könnte die Schweiz Italiens Premier Mario Draghi folgen und eine Zusatzsteuer für fossile Unternehmen einführen, deren Gewinne durch die Decke gehen (siehe WOZ Nr. 20/2022 ). Ihre gestiegenen Margen erklären einen guten Teil der Inflation. Sie nutzen das knappe Angebot, um die Preise und so ihre Profite zu erhöhen. Auch von Mitte-Präsident Gerhard Pfister kommt Unterstützung für die Idee.

Mit den Einnahmen könnte ärmeren Ländern geholfen werden, wo die enormen Preise für Getreide zu einer Hungerkrise führen. Die SP fordert zudem einen «Check fédéral»: Steigt die Inflation über fünf Prozent, sollen achtzig Prozent der Bevölkerung einen Zuschuss von bis zu 260 Franken erhalten. Kann man machen. Gezielter ist ihr Vorschlag, die Energiepreise für Mieter:innen zu deckeln.