Film: Ein Charmeur am Pult

Nr. 49 –

Filmstill aus «Maestro»
«Maestro». Regie: Bradley Cooper. USA 2023. Jetzt im Kino.

Schon Bradley Coopers erster Film als Regisseur, das Remake von «A Star is Born», hatte zunächst den Anschein eines typischen Hollywood-Eitelkeitsprojekts. Er selbst spielte zwar die Rolle des untergehenden Stars, aber dieser Abstieg in Sucht und Depression mutete fast glamouröser an als der Aufstieg der von Lady Gaga verkörperten Sängerin – und dann war Cooper darin so berührend, dass man über jede Eitelkeit gut hinwegsehen konnte. Im Fall von «Maestro» wiederholt sich das auf potenzierte Weise, und diesmal steht Cooper als Dirigent, Komponist und Charmeur Leonard Bernstein im Zentrum. Aber jenseits von blosser Selbstgefälligkeit gelingt ihm wiederum das nuancenreiche Porträt eines grossen Narzissten, der mindestens so viel Liebe zu vergeben hatte, wie er für sich forderte.

Die Musik, das bernsteinsche Œuvre in seiner genreübergreifenden Brillanz, kommt bei Cooper nur im Hintergrund vor. Wenn er zu Beginn den Schicksalsmoment zeigt, jenen 14. November 1943, als der 25-jährige Bernstein anstelle des erkrankten Bruno Walter ohne Probe einspringen musste, um das New York Philharmonic zu dirigieren, sehen wir nur das Ende der Aufführung: wie sich ein junger Mann in überschwänglicher Freude verneigt und dabei sehr, sehr zufrieden mit sich scheint.

In schnell geschnittenen Schwarzweissszenen skizziert Cooper dann die atemlosen frühen Jahre, als es Bernstein dank seiner Erfolge leichtfällt, die Liebhaber von einst für neue Beziehungen auszutauschen. Als er Felicia Montealegre (Carey Mulligan) kennenlernt, ist das ein Treffen zweier Menschen mit gleichem Sinn für Humor und geistreiche Gespräche, eine echte romantische Zusammenkunft samt Kichern und Spaziergängen im Regen. Dass ihm die Ehe mit Felicia dann auch als Cover für seine Neigung zu Affären mit Männern diente, konstatiert der Film gleichsam ohne Schuldzuweisung. Die komplexe und komplizierte Beziehung zu Felicia wird schliesslich zum entscheidenden Thema von Bernsteins Leben – und Coopers bewegend melancholischem Film.