Kino Royal Baden: Diskussionen mit Audrey Hepburn und James Dean

Nr. 43 –

Eine Geschichte mit Happy End: Das fast hundertjährige Kino Royal in Baden wird dieser Tage als multimediales Kulturlokal wiedereröffnet.

Hier darf geraucht werden – mit James Dean, Audrey Hepburn, Rita Hayworth und Alfred Hitchcock. Diese blicken mit vielen anderen Stars cool qualmend von der Wand des Fumoirs im neu umgebauten Kino Royal in Baden, das diesen Freitag wiedereröffnet wird.

Noch vor einem Jahr sah die Zukunft des bald hundertjährigen Kinos zappenduster aus: Die Zürcher Immobilienfirma F. Aeschbach, seit Februar 2010 die Besitzerin, wollte das Gebäude abreissen und an seiner Stelle dreizehn Parkplätze errichten. Als das im vergangenen November bekannt wurde, regte sich Widerstand im beschaulichen Städtchen Baden. Eine zehnköpfige Arbeitsgruppe aus der Badener Kulturszene gründete die Interessengruppe Royal, formulierte eine Petition gegen den Abriss und verlangte eine kulturelle Zwischennutzung. In nur zwei Wochen hatten sie 4000 Unterschriften gesammelt, die im Dezember feierlich dem Stadtammann Stephan Attiger überreicht wurden.

«Kulturerbe als Vermächtnis»

«Der Stadtrat liess sich erstaunlich schnell von unseren Ideen überzeugen und kam uns entgegen», sagt Musikjournalist Albert Kuhn, Mitbegründer der IG Royal. Zugute kam den Kulturschaffenden dabei das neue Kulturkonzept der Stadt Baden, das 2011 in Kraft trat. Darin steht: Die Stadt Baden «pflegt und bewahrt ihr materielles und immaterielles Kulturerbe als Nährboden für die kulturelle Entwicklung heute und als Vermächtnis für kommende Generationen». Der Stadtrat stimmte einer Zwischennutzung von drei Jahren zu, im besten Fall werden fünf Jahre daraus, dann werden die Tage des Kinos womöglich gezählt sein. Die F. Aeschbach plant an seiner Stelle einen mehrstöckigen Bau. An solch attraktiver Lage – gleich am Bahnhof und in der Innenstadt und nur fünfzehn Zugminuten von Zürich entfernt – lässt sich mit Büroräumen mehr verdienen als mit einem alten Kino.

Ein paar behäbige, goldgelbe Kinosessel und der schwere Vorhang, der die Leinwand verdeckt, erinnern noch daran, dass hier bis 2008 Filme projiziert wurden. Ansonsten ist vieles anders: Seit Juli bauen die «Royals», wie sich die Mitglieder des Initiativkomitees nennen, ihr neues Kulturlokal um. Sie konnten das Kino von der Stadt untermieten, die ihrerseits Mieterin von F. Aeschbach ist. Die Umbauarbeiten verrichten alle unbezahlt. «Nur mit dem Auszahlen der Arbeitsstunde kämen wir auf etwa 150 000  Franken», sagt «Royal» Marc Angst, der als Architekt den Umbau koordiniert. «Nun wird er uns total etwa 50 000  bis 60 000  Franken kosten.» Finanziert wird der Umbau vom neu gegründeten GönnerInnenverein, von der städtischen Kulturförderung und von privaten Kulturförderstellen. Das Umbaumaterial kommt zum grossen Teil von einem Abbruchhaus. Angst betont, dass ihnen das Wiederverwerten von Materialien, die sonst auf dem Abfall landen würden, ein grosses Anliegen sei.

Position ergreifen, politisch sein

In der hinteren Hälfte des Raums wurde eine Bar eingebaut, die vordere Hälfte ist leer, hier kann getanzt oder können Klappstühle aufgestellt werden. Die neuen BetreiberInnen des «Royal» streben eine vielfältige Nutzung des ehemaligen Kinos an. Als reguläres Kino dürfen sie nicht mehr fungieren, um die Badener Kinos nicht zu konkurrenzieren. Dies ist die einzige Auflage von der Stadt.

Trotzdem soll das Bild im Zentrum stehen. So gibt es eine Videojukebox aus sechzehn Fernsehbildschirmen besteht. Nach Einwurf eines Einfränklers können per Drehscheibe Videos von Filmschaffenden aus der Region abgerufen werden. Einmal im Monat findet das «Indiefilm-Studio» statt, eine Plattform für Produktionen von Independent- und JungfilmerInnen. Programmiert sind auch Konzerte, Abende mit DJs und Discos, doch auch hier sollen – wann immer möglich – Visuals eingesetzt werden. Ausserdem vermietet der Verein das Lokal auch an externe VeranstalterInnen.

Geplant sind auch politische Diskussionen, Podien und die Reihe «Forum zum Weltgeschehen». «Wir wollen Position ergreifen und auch politisch sein», sagt Angst, «und einen Gegenpol zu den hoch subventionierten Kulturhäusern in Baden bieten.» Auch sieht er das «Royal» als einen Experimentierraum, in dem viel Neues entstehen kann: zum Beispiel eine Art alternative «Wochenschau», in der gemeinsam YouTube-Filme geschaut werden und über die aktuellen Ereignisse diskutiert wird. Die Ideen sind zahlreich, die Euphorie gross.

Noch riecht es nach frischer Farbe im «Royal». Farbtöpfe, Leitern, Kabel, Besen und Werkzeug liegen und stehen auf dem Boden. Die letzten Arbeiten stehen noch an – dann kann die Party starten.

«Royal – Zurück in die Zukunft», Eröffnungsfest mit der Band Tommigun und DJ Lesark, 
Visuals by Pixelpunx, Fr, 28. Oktober, 20.30 Uhr.
«Royal Halloween» mit The Hillbilly Moon Explosion, DJ Egi und Kurzfilm «Die letzte Versuchung», Sa, 29. Oktober, 21 Uhr.
www.royalbaden.ch