Uno-Klimakonferenz in Durban: Das kurze Tauwetter im Klimakrieg

Nr. 50 –

Die Ergebnisse der Klimakonferenz von Durban eröffnen die Chance zu neuen Kooperationen im globalen Umweltschutz. Aber der viel gelobte Aufbruch läuft Gefahr, schnell wieder stecken zu bleiben.

Globale Umweltpolitik kann bizarre Wege gehen: Das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz galt bis zum UN-Klimagipfel als klinisch tot. Nun hat es ein zweites Leben geschenkt bekommen. Aber trotzdem ist seine Zeit vorbei. Und das ist auch gut so.

Denn wenn das diesjährige Klimatreffen von 193 Staaten im südafrikanischen Durban etwas gezeigt hat, dann dieses: Die Welt hat sich auch in der Umwelt- und Klimapolitik geändert. Es entstehen neue Allianzen, die alten Fronten bröckeln, und plötzlich gibt es trotz Wirtschafts- und Finanzkrise Spielräume für die Umweltpolitik. Die Nutzung dieser Chancen entscheidet darüber, ob ein katastrophaler Klimawandel noch verhindert werden kann.

Das Wichtigste: Der «warme Krieg» in der Klimapolitik scheint überwunden. Alle Staaten sind sich – zumindest theoretisch – einig, dass es einen neuen gemeinsamen Klimavertrag geben soll. Der muss weit über Kyoto hinausgehen, denn das Protokoll, an dem Europa unbedingt festhalten wollte, ist etwa in den USA, Russland, Japan oder Kanada extrem unbeliebt. Der Vertrag hat aber viele Schwächen (siehe WOZ Nr. 47/11) und ein grosses Manko: Er bildet die weltpolitische und vor allem weltökonomische Lage zu Beginn der neunziger Jahre ab. Inzwischen haben die Schwellenländer, allen voran China, so konsequent das westliche Wachstumsmodell kopiert, dass ihre Emissionen bald über denen der Industrieländer liegen werden. Weil sie aber unter Kyoto zu keinerlei Reduzierungen verpflichtet sind, ist das Protokoll nicht mehr zeitgemäss.

Wichtige Verschiebungen

Die EU will es trotzdem verlängern – zu Recht, weil damit die Zusage der Schwellenländer erkauft wurde, über ein gemeinsames Klimaabkommen zu verhandeln, das alle Staaten binden soll. Um dies zu erreichen, hat es in Durban wichtige Verschiebungen gegeben: Zum ersten Mal standen Brasilien, Südafrika, Indien und China nicht in der Schmollecke, sondern verhandelten aktiv mit. Das bringt Vorteile, aber auch Pflichten. Zweitens schaffte es die EU, aus der Gruppe der «Entwicklungsländer» (G77 und China) die ärmsten Länder, die afrikanischen Staaten und die Inselstaaten (also alle, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind) zu einer Allianz für mehr Klimaschutz zu gewinnen. Zudem hat vor allem China ein Interesse an grüner Technologie, weil sich das Land dort den nächsten globalen Wachstumsmarkt ausrechnet. Schliesslich hat paradoxerweise auch die Wirtschafts- und Finanzkrise im Westen geholfen: Denn sie macht deutlich, dass die alten Industrieländer nicht einfach für alle Kosten aufkommen können, während etwa China auf riesigen Währungsreserven sitzt.

Es geht in der Umweltpolitik also nicht mehr nur um «Arm gegen Reich» und «West gegen Rest». Je nach Interesse sind Koalitionen möglich – schon im letzten Jahr wurde vor dem relativ erfolgreichen Klimagipfel von Cancún überraschend die Konferenz zur biologischen Artenvielfalt in Nagoya zum Erfolg. Der technische Fortschritt, die abnehmende Arroganz des Westens und eine weltweit gut vernetzte Szene von Umwelt- und Sozialgruppen, Gewerkschaften und Kirchen machen Fortschritte von oben und von unten möglich.

Keine Alternative

Doch zur Euphorie besteht kein Anlass. Denn noch haben auch die klügsten Köpfe keine wirklich schlüssige Alternative zum ressourcenintensiven Kapitalismus entwickelt. Das «grüne Wachstum» kommt bislang auf keinen grünen Zweig. Und so halten dann auch die Beschlüsse von Durban im Detail nicht das, was sie versprechen: Es fehlt an einer Verpflichtung, die Emissionen so schnell zu senken, wie es die Wissenschaft fordert, um den Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Ein Zeitpunkt, ab wann sie sinken sollen, wird nicht erwähnt, und wie sehr sich China und Co. an ihre Zusagen gebunden fühlen, ein verbindliches Abkommen einzuhalten, wird sich erst noch zeigen. Dazu kommt, dass die grossen Schwellenländer anders als die EU nicht gemeinsam Ziele vereinbaren, sondern teilweise unterschiedliche Interessen haben: Während China beim Klima inzwischen fast ein Industriestaat ist, bleibt Indien Entwicklungsland. Die USA schliesslich haben in Durban nicht offen gestört. Als Motor der Verhandlungen kommt der wichtigste Verschmutzer in den nächsten Jahren aber weiterhin nicht infrage.

Die zerbrechliche Hoffnung von Durban wird auch gleich auf eine Probe gestellt: Der «grüne Klimafonds» soll zwar kommen, ist aber noch leer. Wenn ihn die reichen Länder nicht umgehend füllen, werden sich die Armen schnell daran erinnern, dass die Industriestaaten seit zwanzig Jahren Versprechen abgeben, die sie nicht halten. Und dann ist das Tauwetter von Durban schnell wieder vorbei.

Die Ergebnisse

Die 17. Uno-Klimakonferenz in Durban hat sich darauf geeinigt, dass es ab 2020 einen neuen globalen Klimavertrag geben soll, an dem alle Länder verbindlich beteiligt sind. Dafür wird das Kyoto-Protokoll verlängert, von dem sich vor allem die EU, Australien, Norwegen und die Schweiz Emissionsminderungen versprechen.

Neben anderen technischen Fragen wurde auch ein «grüner Klimafonds» eingerichtet, der armen Ländern Geld für Klimahilfe geben soll. Ab 2020 sollen insgesamt hundert Milliarden US-Dollar darin einfliessen, bisher ist die Finanzierung aber unklar.