Protest gegen Fifa: Kritik an Polizeiverhör

Nr. 15 –

Gegen einen Strafbefehl Einsprache zu erheben, kann sich lohnen. Das Bezirksgericht Zürich hat die Strafe gegen einen Demonstranten, der an den Aktionen gegen den Auftritt von Fifa-Präsident Sepp Blatter an der ETH Zürich im November teilgenommen hatte, deutlich gesenkt.

Es ging um einen angeblichen Steinwurf im Rahmen der Protestaktionen. Der 39-jährige Musiker X. hatte einen Strafbefehl wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte angefochten. Der Staatsanwalt hatte den drogenabhängigen Sozialhilfebezüger zur Zahlung von 120 Tagessätzen à dreissig Franken verbrummt.

Vor Gericht stand X. ein Kollege als unentgeltlicher Rechtsvertreter bei, der seine juristischen Kenntnisse, wie er sagte, «als ehemals mehrfach Angeklagter erworben» hat.

Ausführlich erzählte X. von seinen persönlichen Verhältnissen. Was die Richterin als «schwierige Vergangenheit» zusammenfasste, offenbarte die dunkelste Seite einer Kindheit und Jugend in einer hoch angesehenen Familie aus der Zürcher Oberschicht: vom Vater misshandelt und in den Keller eingesperrt, Internat, Drogensucht, Beschaffungskriminalität, Knast, Heroinabgabeprogramm, psychiatrische Behandlung, Medikamente, Sozialhilfe.

Der Rechtsvertreter forderte einen Freispruch und kritisierte insbesondere die polizeiliche Einvernahme, bei der der unter Drogen- und Medikamenteneinfluss stehende X. massiv unter Druck gesetzt worden sei.

Die Einsprache hat sich für X. gelohnt, auch ohne teuren Anwalt. Die Richterin folgte den Argumenten des Laienverteidigers und hielt fest, dass die polizeiliche Einvernahme «nicht verwertbar» sei. Nur schon, dass ein am Einsatz beteiligter Beamter das Verhör geführt habe, gehe nicht an. Zudem sei X. zugedröhnt und daher nicht vernehmungsfähig gewesen. Weil X. aber später vor dem Staatsanwalt einen Steinwurf zugegeben hatte, sei er der Gewalt und Drohung schuldig zu sprechen. Das Verschulden aber sei leicht, sie reduzierte die Geldstrafe insgesamt um zwei Drittel auf sechzig Tagessätze à zwanzig Franken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.