Entrechtungsinitiative: Ein wenig Zuversicht

Nr. 52 –

Kurz vor Jahresende gibt es politische Anzeichen, die einen mit etwas Zuversicht ins Jahr 2016 blicken lassen. Nachdem es so aussah, als gebe es kaum Widerstand gegen die «Durchsetzungsinitiative», die Ende Februar an die Urne kommt, hat nun der Ständerat seine Stimme erhoben. In einer vom Berner Hans Stöckli (SP) initiierten ungewohnten Erklärung, die 40 der 46 Ratsmitglieder unterzeichneten, heisst es: Die SVP-Initiative missachte «elementare verfassungsmässige Grundsätze, Bestimmungen der europäischen Menschenrechtskonvention und das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU». Das ist richtig: Mit der Annahme dieser eigentlichen Entrechtungsinitiative könnten etwa Secondos ohne Schweizer Pass bereits wegen eines wiederholten Bagatelldelikts automatisch aus der Schweiz ausgeschafft werden.

Fast gleichzeitig hat der Bundesrat entschieden, die Beschäftigten besser vor der verstärkten Konkurrenz zu schützen, die die Personenfreizügigkeit mit der EU mit sich bringt. Eine Arbeitsgruppe, in der auch Gewerkschaften und Arbeitgeber sitzen, soll Vorschläge für die Stärkung der sogenannten flankierenden Massnahmen ausarbeiten. Im Bundesrat scheint sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass es mehr sozialen Schutz braucht. Sonst wächst der Unmut in der Bevölkerung, und sie wird geneigt sein, Vorlagen wie der «Masseneinwanderungsinitiative» oder der Entrechtungsinitiative zuzustimmen.

Während derzeit bis in die bürgerlichen Parteien hinein etwas Vernunft aufkeimt, führen die Wirtschaftsverbände ein Trauerspiel auf. Unter Direktor Hans-Ulrich Bigler (FDP) – der für die «Durchsetzungsinitiative» ist – hat der Gewerbeverband beschlossen, keine Stimmempfehlung abzugeben. Economiesuisse ist gegen die Initiative, will jedoch kein Geld für eine Kampagne geben. Dies, obwohl die Initiative sämtliche ausländischen Arbeitskräfte betrifft, die hier leben. Die Verbände sprechen sich zudem gegen jegliche Stärkung der flankierenden Massnahmen aus. An der ersten Sitzung der neu gegründeten Arbeitsgruppe tauchte der Direktor des Arbeitgeberverbands, Roland Müller, dem Vernehmen nach gar nicht erst auf.