Panama Papers: Politik mit illegalen Mitteln

Nr. 15 –

JournalistInnen, die sich auf die Fahne geschrieben haben, Missstände aufzudecken, müssen sich zuerst die Frage stellen: Was ist ein Missstand? Häufig ist ihre Antwort: illegale Machenschaften. Eben hat das internationale JournalistInnennetz ICIJ anhand der Panama Papers eine Reihe solcher Missstände an den Tag gebracht. Die JournalistInnen veröffentlichten die Offshoregeschäfte einzelner Persönlichkeiten, wie etwa jene des isländischen Premierministers, der bereits den Hut genommen hat.

Das Aufdecken illegaler Machenschaften ist zweifellos eine Kernaufgabe des Journalismus. Das ICIJ hat wichtige Arbeit geleistet. Und dennoch hat seine Arbeit eine dunkle Seite: Wer mit dem Finger auf das Böse zeigt, erklärt alles andere zum Guten. In diesem Fall alles Legale. Dies geschah teilweise ohne, teilweise aber auch mit Absicht: Arthur Rutishauser, Chefredaktor von «SonntagsZeitung» und «Tages-Anzeiger» – die an der Panama-Recherche beteiligt sind –, stellte von Anfang an klar, dass sie nur über illegale Offshoregeschäfte schreiben würden, da hinter allen anderen Geschäften – Achtung! – «respektable Gründe» stünden.

Eine journalistisch fragwürdige Haltung. Nicht alles, was legal ist, muss legitim sein. Und schon gar nicht ökonomisch sinnvoll. Die weltweiten Staatsschulden sind seit dem Jahr 2000 von 22 auf 58 Billionen US-Dollar explodiert. Die Gründe dafür beginnen damit, dass die Staaten seit den siebziger Jahren die Steuern für Firmen und Reiche halbiert haben. Hinzu kommen die unzähligen legalen Wege, die Konzerne wie Ikea, Starbucks oder Google und Reiche (etwa durch Offshorekonstrukte) gefunden haben, um Steuern zu umgehen. Wenn CVP-Politiker Gerhard Pfister nun sagt, Steuerbetrug sei die Folge von zu hohen Steuern, so hat er in einem Punkt recht: Steuerbetrug ist lediglich die Fortsetzung rechter Steuerpolitik mit illegalen Mitteln.

Der Journalismus darf das Recht nicht zu seinem alleinigen Massstab erklären. Das Aufdecken illegaler Machenschaften ist wichtig. Noch wichtiger ist jedoch die politische Debatte darüber, was legal und was illegal sein soll.

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