Polizeigewalt: Es braucht ein Gummigeschoss­verbot

Nr. 19 –

Für die Basler Kantonspolizei sei es ein «geeignetes Hilfsmittel», die Zürcher Kantonspolizei werde durch sie «flexibler und mobiler». Die Rede ist von Gummigeschossen, mit denen die Polizei in der Schweiz seit Jahrzehnten mittels Mehrzweckwerfern auf Menschen schiesst. Dabei kommt es regelmässig zu schweren Verletzungen am Kopf, speziell im Augenbereich. Gerade erst, am 1. Mai, hat ein Demonstrant in Zürich ein Auge verloren, und im Februar erlitt ein Eishockeyfan in Biel bei Ausschreitungen nach dem Spiel schwere Gesichtsverletzungen wegen eines Gummigeschosses.

Für die Polizeibehörden ist das weiterhin kein Grund, auf Gummigeschosse zu verzichten. Alleine seit Februar wurde bei Polizeieinsätzen mindestens neun Mal mit Mehrzweckwerfern auf Menschen geschossen. Dabei geht die Polizei ohne Zurückhaltung vor: Da wird aus nächster Nähe in Kopfhöhe abgedrückt wie an der queerfeministischen Kundgebung am 8. März in Basel oder ohne Sicht aus Distanz am 1. Mai in Zürich. Auch Distanzschüsse sind hochgefährlich: Die rund dreissig Gummiprojektile, die jeweils auf einmal verschossen werden, schlagen in einem Streukreis von bis zu vier Metern Durchmesser ein. Zielgenaue Schüsse sind also nicht möglich. Dass Menschen, die von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch machen, sich deshalb mit Schutzbrillen schützen, ist verständlich. Zynisch, dass just dieser Selbstschutz von der Polizei dann oft als Vorwand genommen wird, um den Demonstrierenden Gewaltbereitschaft zu unterstellen und Gummigeschosse einzusetzen.

Die Gummigeschosse werden von der Waffenindustrie als «less lethal weapons», also als «weniger tödliche Waffen», verkauft. In einem kürzlich veröffentlichen Bericht kritisierte Amnesty International diese Waffen wegen ihrer Gefährlichkeit denn auch dezidiert. Auch die Schweizer Praxis wird von der Menschenrechtsorganisation explizit erwähnt – und eine Untersuchung wird gefordert.

In der Schweiz braucht es endlich ein Gummigeschossverbot, wie es in Deutschland praktisch schon existiert. Denn der behördliche Einsatz von hochgefährlichen Geschossen gegen Menschen ist nie legitim und eine Ungeheuerlichkeit.