Kost und Logis: Quinoaküchlein versus Speck

Nr. 36 –

Karin Hoffsten fühlt sich veranlasst, für den guten Ruf von Spitalküchen einzutreten

Kein Mensch lässt sich ins Spital einweisen, um endlich mal gut zu essen. Aber wer ins Spital muss, ist nicht nur froh, wenn das Essen schmeckt, sondern auch darauf angewiesen; denn wem es neben dem Kranksein auch noch den Appetit verschlägt, der oder die braucht länger zum Gesundwerden – so zumindest die Theorie.

Mandelsuppe mit einem Hauch von Safran, Quinoaküchlein, Tomaten-Relish, Mischgemüse *

In den letzten drei Jahren erlebte ich unterschiedlichste Spitalmenüs am eigenen Leib und sass auch häufig daneben, wenn der Mensch meines Herzens Spitalkost zu sich nehmen musste. Um es vorwegzunehmen: Wir konnten beide nicht klagen! Es war abwechslungsreich, immer mit frischen Zutaten und leicht, auf Spezialwünsche wurde eingegangen.

Zucchettipüreesuppe mit Salbei, Geschnetzeltes Rindfleisch an Rotweinsauce, Polenta, Gedünsteter Fenchel, Blanc Manger mit Aprikosenkompott*

Das scheint nicht allen so zu gehen. Kürzlich schilderte Gülsha Adilji in der «SonntagsZeitung» ihre Erfahrungen anlässlich eines Spitalaufenthalts ihres Vaters. Der Horror begann am Morgen: «Mein Vater kriegt jeden Morgen einen riesigen Krug Kaffee an sein Bett gekarrt. […] Verstehe nicht, wieso man für ihn erst den Betablocker aus dem Blister drückt und dann einen halben Liter Kaffee auf den Tisch stellt, damit er mit der Koffein-Plörre das Blutdruckmedikament runterspülen kann.» Das verstehe ich auch nicht. Aber weil ich morgens keinen Kaffee trinke, hat man mir auch in jedem Spital widerstandslos Tee serviert.

Minestrone, Geräucherte Lachstranche, Honigsauce, Pilawreis, Blattspinat*

Tagsüber ging für Gülsha Adilji das Entsetzen über «das grauenhafte Essen, das den Patientinnen und Patienten vorgesetzt wird», weiter. Man serviere «nährstoffbefreites Essen […]. Riz Casimir mit Dosenfrüchten, Pasta mit Tomatensauce, Erbsli und Rüebli aus dem 10-Kilogramm-Tiefkühlbeutel, Spargelsuppe aus der Tüte etc.»

Kerbelcrèmesuppe, Baked Potatoes, Sauerrahm-Schnittlauch-Dip, Gemüsechili*

Völlig fassungslos machte sie, als ihrem schwer kranken Vater, der zuvor auf der Intensivstation gelegen habe, zum Zmittag alternativ «Schweinsbraten mit Brät und Speck» oder «Älplermagronen» angeboten worden seien.

Gelberbsensuppe, Auberginen- Kichererbsen-Curry, Gebratener Bulgur, Stracciatella-Crème*

Am Ende kommt die besorgte Tochter zum Fazit: «Und, bei Gott, es ist auch nicht nur im Kantonsspital St. Gallen so, sondern auch im Triemli, im Unispital, im Inselspital und wie sie alle heissen.» Das war der Satz, bei dem ich beschloss, Widerspruch einzulegen. Und Gülsha Adilji lege ich ans Herz, ihre Bedenken beim nächsten Spitalaufenthalt laut und deutlich zum Ausdruck zu bringen.

* Menübeispiele der Woche 34/2023, freundlich zur Verfügung gestellt durch das Universitätsspital Zürich.

Karin Hoffsten schätzt, was sie bisher von Gülsha Adilji kennt. Sie hofft, dass der empörte Rundumschlag der berechtigten Sorge um ihren Vater geschuldet war.