Ein heisser Sommertag in Wien

Nr. 45 –


Der schöne Bildumschlag spricht an, ebenso die Zusammenfassung auf dem Umschlag: zwölf Frauen, zwölf Parkscheine, zwölf Storys an einem heissen Sommertag.

Die Geschichten sind luftig geschrieben. Anschauliche Beschreibungen versetzen einen nicht nur in die Umgebung – sondern auch in die Gefühlswelt der Protagonistinnen. Mit einigen kann ich mitfühlen, mitzittern oder miträtseln. Wie wird das Treffen, vierzig Jahre danach, mit dem Journalisten verlaufen? Anderen bringe ich nur Unverständnis entgegen.

Die Lebenssituationen sind sehr unterschiedlich, so auch die Kapitel: kurze, intensive Sequenzen aus dem Leben. Einfühlsam geschrieben, regen sie zum Nachdenken an – weil man viele Situationen aus dem eigenen Leben kennt. Themen wie Tod, Esssucht, Einsamkeit, Liebe oder Hoffnung werden zwar angesprochen, aber in ihrer Bedeutung für die Protagonistinnen nicht zu Ende erzählt. So bleibt der Schluss meist offen, lässt Raum für eigene Gedanken.

Nacheinander füllen die Frauen ihre Scheine aus. Ich warte auf einen Schluss, der alle Schicksale verbindet, sodass ich die Zusammenhänge erkenne. Hat der Aktzeichner vielleicht auch die anderen Frauen verführt? Aber nein. Es bleiben einzelne Geschichten, Kurzgeschichten. Schade.

Gemeinsam ist allen Geschichten, dass die erzählten Leben Wendungen durchmachen. Jede Frau entdeckt eine neue Seite an sich. Der einen werden rechtzeitig die Augen geöffnet, und sie geniesst die neuen Möglichkeiten. Bei der anderen ist es schon zu spät. Der Liebste ist tot.

Auch wenn dies ein Frauenbuch ist: Die Frauen werden nicht als starke Persönlichkeiten charakterisiert – als könnten sie an ihrem Schicksal nichts ändern. Es fehlt dem Buch an Kraft und an Überraschungen. Eine Prise Humor hätte ihm auch nicht geschadet.

Sabine M. Gruber: Kurzparkzone. Picus Verlag. Wien 2010. 210 Seiten. Fr. 30.80