Editorial: Anfeuern statt abfackeln

Nr. 4 –

  • «Diaries, Notes and Sketches (Reel 1 – Walden)». Regie: Jonas Mekas. USA 1969. In: Solothurn, Kino im Uferbau, Fr, 26. Januar 2018, 20 Uhr.
  • «The Endless Summer». Regie: Bruce Brown. USA 1966. In: Solothurn, Kino im Uferbau, Sa, 27. Januar 2018, 14 Uhr.
  • «Geschichte der Nacht». Regie: Clemens Klopfenstein. Schweiz 1979. In: Solothurn, Kino im Uferbau, Fr, 26. Januar 2018, 20 Uhr.
  • «Dyketactics». Regie: Barbara Hammer. USA 1974. In: Solothurn, Kino im Uferbau, Sa, 27. Januar 2018, 11.30 Uhr.
  • «The Very Eye of Night». Regie: Maya Deren. USA 1958. In: Solothurn, Kino im Uferbau, Sa, 27. Januar 2018 11.30 Uhr.
  • «Diaries, Notes and Sketches (Reel 1 – Walden)». Regie: Jonas Mekas. USA 1969. In: Solothurn, Kino im Uferbau, Fr, 26. Januar 2018, 20 Uhr.

David Lynch und Steven Spielberg haben mit ihr das Filmhandwerk erlernt, auch für Andy Warhol war sie unentbehrlich: die Bolex-Kamera, das ebenso handliche wie robuste Maschinchen aus einer Waadtländer Musikdosenfabrik. Ein Wunderwerk hiesiger Ingenieurskunst also, wie diese «Schweizer Kamera von Weltformat» jetzt an den Solothurner Filmtagen gewürdigt wird?

Nun gut, erfunden hat die Bolex ein russischer Jude, der als Staatenloser im Schweizer Exil lebte. Und kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs musste er nach New York auswandern – kein Schweizer Pass für ihn, obwohl er sein ganzes Erwachsenenleben hier verbracht hatte. Aber seine Erfindung hat man freilich gerne eingebürgert.

Es hat eben alles zwei Seiten, wie Clemens Klopfenstein in seiner grossen Liebeserklärung an die handgekurbelte Kamera schreibt («Mit der Bolex auf dem Solex, aber ohne Rolex» ). Oder auf die Weltkarriere der Bolex gemünzt: Von ihrem Erfinder einst als Amateurkamera für die breite Masse entwickelt, befeuerte sie dann vor allem auch die Avantgarde.

Und was braucht es heute, um den Schweizer Film zu befeuern? Dazu werden jetzt wieder filmpolitische Diagnosen herumgereicht, die dann mehr oder weniger grossspurig in Patent- und andere Rezepte gegossen werden. Natascha Beller und Patrick Karpiczenko aus dem Team der TV-Show «Deville Late Night» nehmen diese Rezepte für uns aufs Korn und sagen, wie der Schweizer Film wirklich zu retten wäre («Die Lösung: Wir retten den Schweizer Film!» ).

Wer aber behauptet, die viel beschworene Drehbuchmisere sei an allem schuld, bekommt es mit Güzin Kar zu tun. Die Autorin und Regisseurin zeigt in Solothurn die ersten Folgen ihrer TV-Serie «Seitentriebe» über Sex in Langzeitbeziehungen. Im grossen Interview erzählt sie, wie sie Cast und Crew in den Wahnsinn getrieben hat. Und sie sagt, wo sie das grösste Manko ortet, was Drehbücher in der Schweiz angeht («‹Man lacht nicht mit den Figuren, das ist Quatsch. Man lacht über sie›» ).

Ob sauber gekämmte Surfer im Busch oder schwarzweisser Zauber auf der Eisbahn: Die Fotoserie in diesem Heft setzt sich aus Stills von Bolex-Filmen zusammen, die in Solothurn zu sehen sind – wobei nur eines dieser Stills aus einem Schweizer Film stammt. Welche neuen Werke Sie an den Filmtagen auf keinen Fall verpassen sollten, erfahren Sie ab Seite 19. Und zu guter oder schlechter Letzt malen wir schwarz: Was wäre von der Werkschau des Schweizer Films eigentlich übrig, wenn am 4. März die No-Billag-Initiative angenommen würde? Das dystopische Gedankenspiel dazu lesen Sie auf Seite 22 («Liebling, ich hab das Festival geschrumpft!» ).